Finaaaaaale!

25.05.2019 - Die Rille und das erste Mal

          

Die Begeisterung war wieder riesengroß, als nach einer langen und erholsamen Nacht endlich die Abschlussetappe dieser Tour gestartet wurde. Am Donnerstag ging es um 9 Uhr los, gestern bereits 8.30 Uhr, und heute noch eine halbe Stunde früher. Hätten wir den Etappenstart noch etwas weiter vorverlegt, was wegen der 120 Kilometer und 1200 Höhenmetern heute durchaus überlegenswert gewesen wäre, hätte so mancher Teilnehmer nach der ausgedehnten Fortsetzung der feuchtfröhlichen Runde von gestern Abend fast direkt aufs Velo aufsitzen können.

 

Teilweise sah es auch so aus.    

 

Wir fuhren los, es ging Richtung Rhein, Richtung Schweiz. Jeder hatte seinen Ausweis parat. Stolz wollten wir diesen den Schweizer Grenzbeamten präsentieren. Aber sie ließen es nicht zu. Diese Spielverderber winkten uns einfach schnell durch, ganz freundlich und nett, mit einem breiten Lächeln im Gesicht.

 

Wir hielten dann trotzdem an, auf Schweizer Boden, ein paar Meter hinter der Grenze. Wenn die Beamten schon nicht an unseren Ausweisfotos interessiert waren, wollten wir andere Fotos machen für Interessiertere. Gruppenfoto! Alle mussten zusammen kommen und sich in Stellung bringen. Auch der zweite Rennradfahrer im Team. Er versuchte es und scheiterte. Da war irgendwas. Die Rille!

 

Sie befand sich dort, wo die 25 Millimeter breite Vorderradfelge des besagten Fahrers auch plötzlich war, verschlang einen Teil von ihr, den sie auch nicht wieder freigeben wollte, sehr zum Leidwesen des Fahrers. Er legte eine artistische Nummer ein, schwang sich mit Grazie in leichter Seitenbewegung über seinen Lenker. Die Landung erhielt aufgrund von starken Haltungsfehlern praktisch gar keine Punkte. Verletzt wurde zum Glück niemand.

 

Und nun steckte das also das Vorderrad in der Rille. Und die blieb hartnäckig. Erst doppelte Manneskraft konnte für Befreiung sorgen.

 

Dann konnten auch die Fotos gemacht werden.    

 

Es ging weiter und immer tiefer in die Schweiz hinein, ein Stück an der Aare entlang und weiter nach Baden, also der Stadt Baden, Baden in der Schweiz.  


Die Stadtdurchfahrt erfolgte ohne große Vorkommnisse, wenn man von meinem ersten Mal absieht. Und da habe ich es wirklich wild getrieben. Durchschlag, voll und ganz.

 

Zum ersten Mal in diesem Jahr hatte ich mir tatsächlich einen Plattfuß eingefangen. Nein, da war kein Schotterweg, auch keine Glasscherben, und Nägel lagen da ebenso nicht rum. Schuld war wieder mal eine Baustelle. Hatte eine solche Baustelle bereits am ersten Tag zu einer abenteuerlichen Single-Trail-Umleitung geführt, war sie nun für den ersten richtigen technischen Defekt auf dieser Tour verantwortlich. In einer Unterführung fehlte auf einer Länge von vielleicht 10 Metern der oberste Belag. Die Kanten waren scharf, zu scharf für meinen Mantel mit Pannenschutz. Panne.

 

Sofort wurde das Material-Begleitfahrzeug kontaktiert. Ein komplett aufgebauter Laufradsatz lag dort bereit für mich. Ein solcher Radwechsel dauert maximal eine Minute. Und nach Etappenplan sollten die beiden Sprinter auch nicht weit von uns entfernt sein.

 

Doch auch da gab es technische Probleme. Unsere tapferen Begleiter irrten ohne funktionierendes Navi durch das Aargau. Sie wussten nicht, wo genau sie waren, wie weit von uns entfernt, wann sie bei uns sein könnten. Wir waren auf uns alleine gestellt.

 

Aber wir sind Wirtschaftsjunioren! Noch bevor das Telefonat mit den Begleitern beendet war, hatten die anderen Fahrer bereits eine Fahrradwerkstatt ausfindig gemacht. Diese lag unglaubliche 400 Meter von unserem Standpunkt entfernt und hatte auch geöffnet. Dort wurde mir schnell und professionell geholfen und ein neuer Schlauch eingesetzt. Vielen Dank an dieser Stelle nochmal an das Team der Bike Zone Baden (www.bikezone.ch).

 

Ein wenig war die Stimmung schon eingetrübt. Alle brannten darauf weiter zu fahren.

Doch es gab auch Veloisten, für die dieser Halt genau zur richtigen Zeit kam. Die Altlasten der verlängerten feuchtfröhlichen Runde der letzten Nacht könnten entsorgt werden. Ein Neustart war möglich. Ungeahnte Kräfte kamen wieder zum Vorschein.

 

Um nicht all zu viel Zeit zu verlieren, wurden die übrigen Fahrer weiter zur ersten Raststation am Kloster Gnadenthal geschickt. Die zwei Rennräder blieben zurück. Meins erhielt ja einen neuen Schlauch, beim anderen wurde der leichte Achter vom Vorfall an der Grenze ausgebessert.

 

Die Aufholjagd der beiden Renner begann nach dem Service, nun immer mehr den Himmel im Blick. Denn wieder einmal zeigte das Regenradar etwas an, und es kam näher.    

 

Mit den ersten Tropfen erreichten wir das Kloster. Die anderen waren schon ein paar Minuten da und hatten mit der Rast begonnen. Aber all zu lange wollten wir uns hier nicht aufhalten.

 

Für ein bevorstehendes Event an der zweiten Raststelle musste erneut Extra-Zeit eingeplant werden, denn schon wieder stand ein Abschied bevor. Nach dem Spanier war es nun der Türke, der uns verließ. Gab es wieder Tränen? Wurde sich lange umarmt? Witzelte man nochmal zusammen rum vor der Trennung?

 

Der Zeitverlust hielt sich in Grenzen, was aber eher am Wetter lag, denn der Regen sollte intensiver werden. Wir mussten weiter. Schließlich warteten ja die Urner Jaycees auf uns. Ein kurzer Empfang in Seewen bei Cornel Baetscharts Blatthirsch GmbH stand auf dem Plan. Von dort aus wollten ein paar Urner Veloisten uns in ihren schönen Kanton führen.  


Doch auf dem Weg dorthin galt es noch den Zugersee zu passieren und einen steilen Anstieg zu meistern. Und der hatte es nochmal in sich. Jedenfalls fühlte es sich so für manche an. Der Regen begleitete uns fast die ganze Strecke, mal mehr, mal weniger.

 

Weniger nass wurde es auf der anderen Seite des Sattels Richtung Seewen, genau richtig für eine kleine Prüfung. Praktisch am Ortseingang von Seewen, allerdings auf einem besseren Trampelpfad musste ein Stich etwa 2 Meter hinab auf Schotter und bei einer Breite von vielleicht 40 Zentimetern bewältigt werden. Immer schmäler wurde es schon ein paar Meter vorher. Der Puls stieg bei so manchem sicherlich deutlich an, auch ich musste mich aufs Äußerste konzentrieren.

 

Alle bestanden die Prüfung.    

 

Der Empfang in Seewen fiel sehr herzlich aus. Freudig wurden wir begrüßt. Unsere Begleiter waren schon da und führten uns gleich ein und zu den Häppchen.    

 

Um das aktuelle schöne Wetter noch eine Weile ausnutzen zu können, ging es nach mehreren leckeren Canapés, etwas Bier und einem coolen Fotoshooting und nicht all zu viel Entspannung weiter. Diesmal zusammen mit dem Schweizer JCI Nationalpräsident Marco Hauger und dem Incoming von JCI Uri Simon Gisler. Sie führten uns am Vierwaldstättersee entlang in den Kanton. All zu lange blieb es zwar nicht sonnig und trocken. Aber auch bei Regen beeindruckte uns die Szenerie gewaltig. Ein paar Mal hielten wir, schossen Bilder vom See, vom Ufer, von den beeindruckenden Felsenformationen, posierten für Selfies und freuten uns auf noch viele weitere schöne neue Eindrücke in Uri.

          

Wenig später fluchten einige Veloisten. Kurz vor dem Ziel, unserem Hotel in Attinghausen, übernahm Marco Hauger die Führung. Er fragte mich, ob wir zum Abschluss nochmal einen kurzen aber harten Anstieg nehmen wollten. Meine Frage: „Was ist für Dich hart?“

 

Er war hart, wirklich hart, ein echter Killer zum Schluss. Mit roten Köpfen, ohne Worte und außer Atem erklommen wir den Gipfel.

 

Dann noch ein wenig Herunterrollen. Und wir waren da.

 

Nach 3 Tagen, 315 Kilometern und über 3000 Höhenmetern waren wir am Ziel.